8 Abenteuer vor der Haustür, mit denen du aus dem Alltag ausbrichst

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Wir alle fühlen uns manchmal in unserem Alltagstrott gefangen. Ob Kinder, Beziehung, Arbeit oder Haushalt – diese täglichen Aufgaben können uns ermüden und zermürben. Daher ist es wichtig, Routinen ab und an zu durchbrechen, um Räume zu schaffen, in denen wir Luft holen, uns neu fokussieren und etwas erleben können.

Was könnte das besser als ein kleines Abenteuer?

Dafür musst du weder ans andere Ende der Welt reisen noch Berge besteigen, Rekorde aufstellen oder ein Adrenalinjunkie sein. Sogenannte »Mikroabenteuer« liegen direkt vor deiner Haustür, dauern kurz und kosten in der Regel nichts bis wenig. Sie müssen dich nur an einen Ort bringen: nach draußen, am besten in die Natur.

Ein Mikroabenteuer kann sehr unterschiedlich aussehen, denn beim Abenteuer geht es darum, die eigene Komfortzone zu verlassen, und die ist für jede:n anders.

Doch egal wie dein Mikroabenteuer aussieht: etwas Neues auszuprobieren, gibt uns einen Dopaminstoß und wir fühlen uns gut. Kleine Abenteuer können nachweislich sogar bei Depressionen helfen. Bist du dann noch im Grünen unterwegs, tust du deinem Körper und Geist etwas besonders Gutes.

Damit du Inspirationen für dein eigenes Mikroabenteuer bekommst, stellen wir dir 8 Erlebnisse vor, die uns helfen, aus unserem Alltag auszubrechen.

Mein erster Pilztrip – Maria Stich

Ich wäre gern Mitglied in einem Geheimbund. Allerdings nicht in einem spirituellen oder politischen, sondern in dem, der in das Wissen um essbare Wildpilze eingeweiht ist. Es ist zwar keine offizielle Vereinigung – als Außenstehende fühlt es sich manchmal aber genau so an. Denn in meiner Familie gibt es niemanden, der mir beibringen könnte, was ich beachten muss, wenn ich »in die Schwammerl gehen«1 möchte. Auch in meinem Freundeskreis sind keine Pilzsammler:innen.

Wer völlig neu in das Hobby einsteigen will, hat es schwer. Zum einen weiß ich nicht, wo ich suchen muss.2 Standorte, an denen besonders viele Speisepilze sprießen, werden von erfahrenen Sammler:innen wie Staatsgeheimnisse gehandhabt: Man spricht nicht darüber! Doch das viel größere Problem: Selbst wenn ich im Wald durch Zufall auf Pilze stoße, weiß ich nicht, welche davon essbar sind – und welche mich im schlimmsten Fall umbringen.3 Auf Bestimmungsbücher oder Apps verlasse ich mich dabei lieber nicht.

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Frauke Berger

Um mein Bedürfnis nach frischen, selbst geernteten Pilzen zu stillen, habe ich in der Vergangenheit bereits 2 Versuche mit Zuchtpaketen für zu Hause gestartet. Auf Kaffeesatz sollten damit innerhalb von ein paar Tagen leckere Austernpilze und Rosenseitlinge gedeihen. Irgendetwas lief dabei aber schief, die Ernte fiel jedenfalls sehr (!) mau aus. Auch der Abenteuerfaktor, Zeit im Wald zu verbringen und etwas zu entdecken, fehlte mir bei dieser Art der Pilzernte komplett.

Umso mehr habe ich mich über einen Kurs meiner lokalen Volkshochschule gefreut, auf den ich durch Zufall gestoßen bin. Mitte Juli geht es für mich daher in den Wald. Einen Nachmittag lang erklärt ein Pilzsachverständiger, was Einsteiger:innen über die häufigsten Röhrenpilze wissen müssen: Wo und wann sie wachsen, wie sie aussehen und riechen, mit welchen giftigen Doppelgängern sie zu verwechseln sind und wie Pilze waldschonend gesammelt werden.

Viele regionale Naturschutzverbände und lokale Volkshochschulen bieten regelmäßig Pilzexkursionen mit Expert:innen an. Auf der Website des Deutschen Volkshochschul-Verbands findest du Angebote in deiner Nähe.

Eine »Hütte« im Wald bauen – Dirk Walbrühl

Wenn ich an ein Mikroabenteuer im Alltag denke, dann vor allem an die Waldbesuche mit meinem Sohn. Obwohl Mikro dabei nicht ganz stimmt, wenn es nach ihm geht. »Das ist ein großes Abenteuer«, gluckst der Kleine und meint damit etwas, was wir Erwachsenen leider ein Stück weit vergessen haben: man kann so viel mehr in einem Wald machen, als auf ausgetretenen Forstwegen anderen Spaziergänger:innen hinterherzudackeln!

Wenn ich mir ansehe, wie er keine 3 Meter nach Eingang des Waldes die Wege verlässt, Hügel rauf und runter rennt und dabei Dreck und Gestrüpp mitnimmt, erwacht auch in mir die eingerostete kindliche Abenteuerlust.

In Naturschutzgebieten gilt allerdings: »Nicht vom Weg abkommen!«. Informiere dich vor dem Waldbesuch, was erlaubt ist und was nicht

»Neugierig sein und anfassen« – so könnte man das beschreiben, was mir der ein Meter große Wirbelwind da vorlebt. Wer findet den besten Stock? (Na er!) Was ist da unter dem großen Stein? (Asseln und Würmer.) Komme ich da nicht vielleicht doch irgendwie durch das Geäst durch? (Natürlich, nur Mut!)

Ja, beim lebendigen Erkunden der Natur sind wir am Ende verschwitzt, verdreckt und mit einigen blauen Flecken versehen. Doch es lohnt sich, denn so lernen wir beide die Natur nicht nur aus der Distanz lieben, sondern vor allem respektieren. Dazu gehört natürlich auch das richtige Maß und Abstand von Wildpfaden, denn der Wald gehört den Tieren und wir sind nur Gäste.

Die Krönung des Waldabenteuers ist der Besuch bei unserem »geheimen Unterschlupf«. Das ist eine Art Tipizelt aus ineinander verkeilten Totholz-Ästen und Steinen in einer natürlichen Erdmulde, inklusive Baumstumpf-Sitzbank für die Snackpause aus dem Rucksack (alle Abfälle wieder mitnehmen!) oder zum Unterstellen, wenn das Wetter umschwingt.

Oft finden sich hier Spuren von Füchsen, Mardern oder Rehen, die unsere Hütte zeitweise bewohnen. Und jedes Mal gibt es etwas zu tun: Löcher durch Wind und Witterung stopfen oder einfach nur das bunte Blätterdach neu dekorieren. Während ansonsten zu viel unseres Alltags in Katalogen ausgesucht und im Netz bestellt wird, ist hier das großartige Gefühl noch erfahrbar, etwas mit den eigenen Händen zu bauen und zu pflegen.

Wenn das kein »großes Abenteuer« ist …

Critical Mass: Spontan im Bauch einer Fahrradmasse Berlins Straßen erobern – Julia Tappeiner

Abenteuer passieren meist ungeplant. Ganz nach diesem Motto fand ich mich letzten Sommer in einer auf Fahrradsatteln protestierenden Menschenmasse wieder, die die Straßen Berlins eroberte. Aber der Reihe nach.

Es ist Freitagabend, 23 Uhr in Berlin. Mein Freund und ich verlassen gerade eine Bar und wollen nach Hause radeln. Da fährt ein lauter Fahrrad-Mob an uns vorbei: Mehrere Hundert Leute. Sie nehmen die ganze Fahrbahn ein, klingeln unentwegt, aus den Boxen auf manchen Gepäckträgern schallt Musik, viele Räder leuchten in bunten Neonfarben. Flankiert werden sie von Polizeiautos.

Wir sind fasziniert und wollen herausfinden, wofür sie unterwegs sind. Spontan schließen wir uns an.

Wie ich beim Radeln erfahre: Die Aktion heißt »Critical Mass« (kritische Masse). Sie ist eine weltweite Bewegung. Rund einmal im Monat kommen Radfahrer:innen in verschiedenen Städten spontan zusammen und fahren durch die Innenstädte. Da die Aktionen nicht organisiert sind, gelten sie nicht als Demonstration. Aufmerksamkeit verschaffen die Radfahrenden trotzdem, indem sie als Pack die Straßen einnehmen. Das dürfen sie. Laut der Straßenverkehrsordnung können sich mehr als 15 Radfahrende zu einem geschlossenen Verband zusammentun. Für diesen Verband gelten die gleichen Verkehrsregeln wie für ein einzelnes Fahrzeug. Sie dürfen zu zweit nebeneinander fahren und eine Fahrbahn einnehmen. Mit den Aktionen wollen die Fahrradfahrer:innen auf den Radverkehr aufmerksam machen und sich ihren berechtigten Platz schaffen – denn große Städte richten ihre Verkehrsplanung immer noch auf Autos aus. Als Fahrradfahrer:in fühlt man sich oft unsicher oder an den Rand gedrängt.

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Frauke Berger

In diesem Moment, im sicheren Bauch der Fahrradmasse, fühle ich mich so geborgen wie nie zuvor auf Berlins Straßen. Sonst immer als schwächstes Glied im Verkehrsstrom unterwegs, erlebe ich mich als ungewöhnlich stark. Die Autofahrer:innen müssen teils 20 Minuten lang warten, bis wir alle an ihnen vorbeigezogen sind.

Ein Schauer der Genugtuung läuft über meinen Rücken, wenn ein:e Autofahrer:in – von uns blockiert – verärgert auf die Hupe drückt. »Ja! Jetzt haben wir endlich mal Platz und nehmen die Straßen ein«, denke ich mir. Laut Erzählungen von anderen haben manche Autofahrer:innen gar Eier oder Tomaten geworfen.

Die Stimmung ist gut, wir quatschen mit vielen Teilnehmenden. Es ist ein bisschen wie auf einer Hausparty, auf der man von Grüppchen zu Grüppchen wandert und so neue Leute kennenlernt – nur radeln wir jetzt auf Satteln sitzend von Gruppe zu Gruppe. So fahren wir durch ganz Berlin. Stundenlang. Bis 2 Uhr morgens.

Ich fühle mich berauscht von der Euphorie, für eine gemeinsame Sache einzutreten. In diesem Fall: Mehr Sichtbarkeit und Schutz für Fahrradfahrende sowie eine nachhaltigere Verkehrsplanung. Wenn auch du für diese Dinge stehst und nebenbei ein kleines Abenteuer vor deiner Haustür erleben willst, dann mache doch mal bei der Critical Mass mit. Alle Termine in allen deutschen Städten findest du hier.

Aufhören, Pfützen auszuweichen – Désiree Schneider

Wann hast du das letzte Mal eine Pfütze beachtet? Nicht, weil du versuchst, ihr auszuweichen, oder dich ärgerst, weil du nass gespritzt worden bist – sondern so richtig der Pfütze wegen. Ich habe es, zugegeben, noch nie gemacht. Vielleicht als Kind einmal. Bis ich den Text-Bild-Band »Die Wunderwelt der Pfützen« von Ursula Kosser und Susanne Bergius gelesen habe.

Darin schreiben die Journalistinnen über die kleinsten Gewässer der Erde, über das Leben in ihnen, wie wichtig sie weltweit für den Wasserkreislauf und Ökosysteme sind und ja, auch darüber, dass Pfützen vom Klimawandel und der Verstädterung bedroht sind. Es gibt sogar Theorien, die besagen, Leben sei nicht im Meer entstanden, sondern zuerst in Pfützen.

Seitdem mache ich eine kleine Pause, wenn ich an einer Pfütze vorbeikomme, die mein Interesse weckt, wie etwa durch eine Spiegelung. Dann hocke ich mich kurz hin und beobachte. Meistens finde ich dann schnell Lebenszeichen, die ich früher übersehen hätte: Wasserläufer, die über die ölig schimmernde Oberfläche tanzen, Kaulquappen in den verschiedensten Entwicklungsstadien, die halb unter schwimmenden Blättern versteckt sind. Ein Spatz, der sich abkühlt.

Beim Pfützenbeobachten werde ich oft beobachtet. Das Gefühl ist gewöhnungsbedürftig, lässt mit der Zeit aber nach

Die kurzlebigen Stillgewässer sind die Kinderstube für unzählige kleine Tiere und Insekten. Sie sind Wasser- und Lebensspender, lassen Samen von Pflanzen und Bäumen aufgehen, sorgen für Abkühlung. Auch die Spuren im Boden, wo einmal eine Pfütze war, erzählen Geschichten.

Es mag für andere vielleicht übertrieben klingen, doch wenn ich mich inzwischen zu einer Pfütze runterbeuge und beginne, sie bewusst zu inspizieren, bemerke ich, wie ich ruhiger werde. Fühle, wie vermeintlicher Stress abfällt und durch eine Faszination und Wertschätzung abgelöst wird. Das ist ein tolles Gefühl. Insgeheim hoffe ich, eines Tages einmal einen Europäischen Sommerschildkrebs zu entdecken, ein bis zu 7 Zentimeter großes Tierchen, das älter ist als die Dinosaurier. Nun habe ich keinen Grund mehr, Pfützen auszuweichen – nasse Füße brauche ich trotzdem nicht.

Wer sich nicht so leicht mit einem Sachbuch für seine Umwelt begeistern kann oder es gerne interaktiver mag, dem empfehle ich Bürgerwissenschaftsprojekte. Dort kommen Bürger:innen zu einem Thema zusammen, erkunden ihre Umwelt oder eine Region zu einem Thema – etwa: Wie sauber ist die Luft oder das Grundwasser? Wie viele Insekten tummeln sich im Stadtpark oder der Wildblumen-Insel? –, lernen, tauschen sich aus und bringen nebenbei die Forschung voran. Aktuelle Citizen-Science-Projekte in ganz Deutschland findest du hier.

»Was ist das?« Die Welt durch Kinderaugen betrachten – Lara Malberger

»Is das?«, immerhin schon 2 Meter weit sind wir gekommen, als unser 2-jähriger Sohn auf das erste Blatt am Wegesrand zeigt. Tja, was ist das? »Ein Blatt«, antworte ich. »Komm, wir gehen weiter.« Aber er ist verständlicherweise mit meiner halbherzigen Antwort nicht zufrieden: »Aber warum?«, fragt er. Und ich frage mich, ob er das Blatt meint oder die Tatsache, dass wir weitermüssen. Vielleicht beides ein bisschen.

Irgendwie habe ich für beides keine vernünftige Erklärung. Wir haben eigentlich keinen wichtigen Termin. Ich hatte mir lediglich vorgenommen, die große Wiese beim Mittagsspaziergang einmal komplett zu umrunden, und das Gefühl, das auch schaffen zu müssen. Aber warum?

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Frauke Berger

Ich beschließe, mich von diesem willkürlichen Ziel zu verabschieden und weitere Fragen zu beantworten: »Is das?« Ha, das weiß ich: ein Marienkäfer. »Macht der da?« Hmm, krabbeln? »Is das?« Ein Schmetterling! Aber was für einer?

Was mich anfangs zugegeben noch einige Nerven gekostet hat, ist mittlerweile ein entschleunigendes Ritual geworden, bei dem auch ich eine ganze Menge lerne.4 Bin ich allein unterwegs, schenke ich meiner Umgebung nie so viel Beachtung wie auf diesen Kinderspaziergängen. Für kleine Kinder, das ist mir dabei wieder bewusst geworden, sind die Welt und ihre Bewohner noch unbekannt. Klar, dass sie viele Fragen haben. Hatte ich früher sicher auch und nun merke ich unterwegs: Ich habe sie auch heute nach 30 Jahren noch.

Mittlerweile haben mein Partner und ich uns ausgestattet, um nicht nur die Fragen unseres kleinsten Familienmitglieds zu beantworten, sondern auch unsere eigenen. Mithilfe der Apps Google-Lens (hilft bei Pflanzen und Insektenbestimmung) und einer Vogel-Gezwitscher-Bestimmungsapp namens »Bird Net«5 können wir »Is das?«-Fragen nun detailgetreu beantworten: »Ein Gemeiner Mistkäfer«, »ein Hausrotschwanz« oder »Wiesen-Schaumkraut«. Inklusive einiger interessanter Fakten zum jeweiligen Lebewesen: Die Hausrotschwänze, eine Singvogelart, nisten beispielsweise jedes Jahr am gleichen Ort, sobald sie aus ihrem Winterquartier zurückkommen (in der benachbarten Garage).

Die Details interessieren den 2-Jährigen zwar noch nicht so sehr, aber für uns machen sie das Pflanzen- und Tiere-Bestimmen deutlich interessanter – und jeden Spaziergang zu einem kleinen Abenteuer. Pro-Tipp für Kinderlose: Es gibt sicher Eltern im Freund:innenkreis, die sich aller Entschleunigung zum Trotz über einen Nachmittag ohne Tier-und-Pflanzen-Bestimmung freuen!

Bäume umarmen? Davon wollte ich lange nichts wissen – Leon Hartmann

Ich gebe es zu: Ich war immer einer dieser Menschen, die das Umarmen von Bäumen belächelt haben. Da ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin, war ich schon als Kind viel in der Natur. Danach habe ich jahrelang direkt an einem Wald gewohnt. Aber Bäume umarmen? Das wäre mir niemals in den Sinn gekommen – bis wir in der Redaktion diesen Teamtext geplant haben.

Den wollte ich zum Anlass nehmen, um über meinen eigenen Schatten zu springen und bewusst ein Mikroabenteuer zu erleben. Also habe ich mich mitten in der Woche – zwischen Uni und Arbeit – auf den Weg gemacht. Mein Ziel: ein größerer städtischer Wald in meinem Wohnort. Weiter und weiter pirsche ich mich im Dickicht vor, um möglichst allein und ungestört zu sein. Ein Baum tut es mir schließlich besonders an; meines Wissens eine Buche. Efeu rankt sich an ihr hoch wie ein majestätisches Gewand.

Ob sich meine Ansicht geändert hat? Unerwartet, aber ja

Meinen Rucksack mitsamt Handy abgelegt, versuche ich alle meine Gedanken abzuschütteln und mich ganz auf mein Vorhaben einzulassen. Dann beginne ich, den Baum zu umarmen. Ich schließe die Augen, atme tief ein und aus, ein und aus, und nehme meine Umgebung bewusst wahr. Ich höre, wie die Vögel singen, wie der Waldboden raschelt und knackt. Der tosende Wind gibt mir dabei ein angenehmes Gefühl auf der Haut. Eine Ameise klettert mein Bein hoch, die Nadeln der Nachbartanne streifen meinen Arm. Die Rinde fühlt sich an meinen Händen rau, aber vertraut an. Je länger ich hier bin, desto ruhiger werde ich. Das Ganze hat etwas sehr Meditatives.

Irgendwo in der Ferne höre ich irgendwann einen Ast knacken, ich öffne meine Augen, lasse mich aus meiner meditativen Umarmung reißen. Kinder! Was sie über mich denken, kann ich mir sehr gut vorstellen. Mir kann es egal sein. Ich zumindest werde Bäume-umarmende Menschen nun nicht mehr belächeln, nachdem ich 15 Minuten lang ununterbrochen meine Buche umarmt habe. Denn das hat überraschend gutgetan.

Der »Overnighter«: Fahrrad, Zelt und los geht’s! – Felix Austen

»Das beste Fahrrad für dein erstes Bike-Abenteuer ist das, das in deinem Keller oder in deiner Garage steht!« Diese Binsenweisheit aus der Radelszene bringt gut auf den Punkt, worum es bei einem kleinen Alltags-Rad-Abenteuer wie dem »Overnighter« geht: Machen, losfahren, spontan sein.

Die Idee eines solchen Übernachtungsausfluges ist simpel: Fahre mit dem Rad raus in die Natur, suche dir dort ein lauschiges Plätzchen zum Schlafen und trete am nächsten Tag wieder den Heimweg an. Damit bietet der Overnighter das, worum es bei einem Mikroabenteuer geht, par excellence: den Ausbruch aus dem Alltag. Alles, was du brauchst, sind Schlafsack und Isomatte, ein kleines Zelt, ein wenig Verpflegung und eine Radtasche. Fürs erste Mal kann man sich das natürlich auch bei Freund:innen oder Bekannten ausborgen.

Schon die Suche nach einem abgeschiedenen Plätzchen, an dem sich das Zelt unbemerkt für eine Nacht aufschlagen lässt, hat für mich den Blick geändert, mit dem ich durch die umgebenden Wälder und Wiesen streife. Besonders aber die Geräusche, Gerüche und Stimmungen, die eine Nacht außerhalb jeglicher 4 Wände mit sich bringt, katapultieren mich trotz der kleinen Distanzen gefühlt in andere Welten.

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Frauke Berger

Wem unwohl dabei ist, möglicherweise in einer rechtlichen Grauzone entdeckt zu werden, oder wer sich gar unsicher fühlt, kann auch einen Naturcampingplatz ansteuern oder sein Glück bei freundlichen Einheimischen6 versuchen.

Wie viel Strecke du dabei zurücklegst, welche Art des Nachtlagers du bevorzugst, ob es allein oder in Gesellschaft losgeht – es gibt viele Möglichkeiten, das kleine Abenteuer an die eigenen Vorlieben anzupassen. Viel Ausrüstung brauchst du jedenfalls nicht. Zeit übrigens auch nicht – mit ein bisschen Übung lässt sich der Overnighter auch unter der Woche zwischen Feierabend und dem nächsten Arbeitsbeginn einbauen.

Ich muss mich zugegeben immer ein wenig überwinden, zu einem Overnighter aufzubrechen – auch, weil ich am liebsten ganz ohne Gepäck radele. Doch wenn ich zurückkomme, stelle ich mir immer dieselbe Frage: Warum mache ich das nicht viel öfter?!

Geocaching: Schatzsuche in deiner Heimat – Dirk Walbrühl

Mikroabenteuer kann man überall erleben: sogar auf Parkplätzen, in Stadtgassen oder in Geschäften – wenn man weiß, wie! Geocaching heißt das Hobby dazu, das dich deine Umgebung mit einem neuen Blick ansehen lässt.

Die Idee ist simpel wie genial: Menschen verstecken kleine Schätze in wasserdichten Boxen (Caches) in der Umgebung, markieren die GPS-Koordinate auf einer Website und beschreiben den genauen Ort als Mini-Schatzsuche. Du kannst diese Abenteuer-Angebote auf einer Karte ansehen und das, was dich neugierig macht, in Angriff nehmen.

Was etwa verbirgt sich wohl hinter »Eine Schatzsuche der Mitmenschlichkeit«7 oder »Was mit Aussicht, Schiffe gucken«8?

Die meisten Caches führen zu erstaunlichen Orten, die normale Spaziergehende einfach nicht zu Gesicht bekommen. Das ist auch gut so, denn die Grundregel lautet: Muggel (also Nicht-Mitspielende) dürfen von all dem nichts mitbekommen.

Werde zur Geheimagentin oder zum Geheimagenten

So bildet sich ein erstaunliches Gemeinschaftsgefühl unter den Geocaching-Fans, die sich auf Suche nach einem Cache ein klein wenig wie moderne Geheimagent:innen fühlen dürfen. Nicht von ungefähr vernetzt das Hobby ungemein: In vielen Städten gibt es Geocaching-Gruppen, die Schätze nach Schwierigkeiten bewertet. Manche sind regelrechte Schnitzeljagden mit Laufstrecken von mehreren Kilometern, andere knifflige Rätsel, wozu sich Fans in Foren über Lösungen austauschen oder Tipps zu den besten GPS-Geräten9 für die Schnitzeljagd geben. Handys taugen zwar auch, sind aber etwas ungenau. Das Spiel ist inzwischen erstaunlich professionell geworden, inklusive digitaler Verläufe, wann Caches das letzte Mal kontrolliert wurden.

Als Belohnung des Ganzen kannst du deinen Namen als Beweis online und manchmal auch auf einem kleinen Zettel in der Schatzbox eintragen. Außerdem bekommst du das einmalige Erlebnis, von dem Moment an genau zu wissen, was sich unter dem wackeligen Ziegelstein hinter der Parkbank an der roten Mauer verbirgt, an dem alle anderen Menschen nur eilig vorbeihasten.

Über 200 Geo-Caches gibt es allein im Stadtgebiet von Münster, in Berlin oder Köln sind es deutlich mehr. Schaue auf der Geocaching-Website nach, wie viele es für deinen Ort sind.

Redaktionelle Bearbeitung: Julia Tappeiner und Désiree Schneider

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